Kapitel IV
Tom sich auf den Weg nun macht,
* kennt die Rout´ in groben Zügen;
sein Wandertrieb ist ganz entfacht;
- hätt´ er Heimweh, müßt´ er lügen.
Langsam nur geht es voran,
- überholt von manchen Flügen
seiner Freunde -, trifft er dann
im weiten Umfeld seiner Gegend
altbekannt´ Gesichter an.
Doch letzthin, weiter sich bewegend
längs der Eb´nen, durch die Wälder,
des Nachts die Gastfreundschaft belegend,
wird er bekannt als kleiner Melder
von Sagen, Mythen, Märchen fein.
So zieht er durch all die Felder,
mal ~ Gemüse, mal ~ der Wein,
- noch immer ohne Berge, Hügel;
gibt´s Abwechslung? - Fast sagt man: "Nein."
Nur die Phantasie gibt Flügel,
Vertrautes wieder neu zu seh´n;
darum lockert er die Zügel,
wenn Menschen um Geschichten fleh´n,
die ihre Arbeit unterbricht,
sodaß ganz neue Geist´ entsteh´n,
wodurch die Eintön´gkeit zerbricht.
Einmal ist er doch verwundert:
als man ihn bemerket nicht;
wie wenn er wär´ ein Mensch aus hundert,
- keiner ihm Beachtung schenkt.
In diesem Orte man den Bund ehrt,
der des Dorfes Aufschwung lenkt.
Ein junger Mann steht diesem vor,
der viel an Wirtschaftswachstum denkt.
Wie´s der Zufall will, - bevor
Tom weiterwandert zu sein´m Ziel,
trifft den Junker er beim Moor.
"Die Zeit ist reif für`s große Spiel,
zu mischen mit im Weltenhandel.
Zu gewinnen gibt es viel
durch den Infrastruktur-Wandel.
Sieh´ nur, was schon ist getan ~!
Man frißt mich nicht so wie `ne Mandel,
denn brechen will ich hier die Bahn,
zu kontaktieren fremd´ Planeten."
Fanatisch´ Augen =*, wie im Wahn,
dabei die Händ´ die Knöchel kneten.
Tom verbleibet ganz gelassen:
"Ich glaub´, ich muß mal für Dich beten;
solche Ding´ sind nicht zum Spaßen.
Fortschritt ist ja an sich schön,
doch sollt´s gescheh´n in guten Maßen.
Was ich hier seh´ sind Schmerz und Stöhn´n;
indessen jedermann im Ort
möchte, daß man ihn verwöhn´.
Sie haben nur Dein eig´nes Wort,
daß die Zeiten besser werden;
ihre Augen sehen fort
auf fremde, nicht reale Herden.
Nicht nach innen sieht ihr Blick,
d´rum leiden sie soviel´ Beschwerden,
denn im Außen sucht man`s Glück.
Willst Du mir nicht mal erzählen,
was Dich führt´ zu dem Geschick,
Dich als Retter, Held zu wählen,
der die Zukunft hier bestimmt?"
Ach, des Junkers Augen fehlen
Glanz und Kraft, doch er benimmt
sich weiter wie ein großer Herr,
ganz auf "selbstbewußt" getrimmt:
"Sieh´, Du Wand´rer, bitte sehr.
In meinen heimatlich^ Gefielden
war ich alsbald in Verkehr
mit Universität^, zu bilden
mein Intellektuellentum.
* Hatt´ zu plagen mich mit wilden
Prüfungs-Forderungen, d´rum
studierte ich gar viele Stunden,
zu bedecken mich mit Ruhm.
So verbracht´ ich viele Runden,
- Anerkennung war nicht rar -;
* hab´ den Arbeitsplatz gefunden,
der wohl mein´ Bestimmung war.
* Bin gar mehr gefragt als and´re
Ratsherrn aus der alten Schar.
Wie mein Wort man wend´ und dreh´,
Tatsach´ bleibt: ich bin der Boss;
auch wenn ich mal wo anders wand´re,
um meinen Namen als `nen Sproß
ad´lig rein´n Geblüt´s zu schildern."
"Zu hoch sitzt Du auf Deinem Roß;
wenn ich mal sprech´ in bunten Bildern:
die langen Arme, großen Hände,
üb´rall greifend, mußt Du mildern;
wenn sich Dein Hirn im Herz befände,
müßtest `s Glück Du nicht mehr suchen;
Dein Kampf um Wachstum käm´ zur Wende.
Willst Du ganz allein den Kuchen?
* Gibst den Menschen Deine Weisung
und hinterläßt sie als Eunuchen.
Vergeblich wartet auf die Speisung
Dein Herz, ` noch nicht einmal geboren ~;
* Denkst, durch Demut, Lobespreisung
hätt´st das Leben Du verloren?
Größe kommt nicht aus dem Außen,
da mußt * in Deinem Inner´n bohren.
Schau auf Leute, die schlecht hausen:
besitzt wer innerlichen Frieden,
schreckt ihn kein´s der vielen Grausen;
Befriedigung ist ihm beschieden."
Des Junkers Augen blicken ruh´los,
als ob sie den Kontakt vermieden:
"Ich fühle plötzlich mich ganz stuhllos,
so hast * in mich hineingetroffen;
als ging´ ich alle Zeiten schuhlos,
und das Wesen ~ fast ersoffen.
Musik, - das ist mein alter Traum;
doch niemals konnte ich erhoffen,
- der Wunsch zerplatzend wie der Schaum -,
- talentlos ~* -, Instrument´ zu spielen,
Kunst zu zeigen hier im Raum.
Ich erinn´re mich der vielen
heißen Red^ zuhaus´ bei mir;
doch meine inner´n Ziele fielen
zum Opfer einer blanken Gier,
als großer Mann berühmt zu sein.
Als Unbekannter sag´ ich´s Dir,
* schenk´ Dir ein den reinen Wein.
Erfüllung such´ ich in mein´m Tun,
* kann nichts finden, * könnte schrei´n,
* würde gern im Frieden ruh´n."
Verzweiflung spricht aus seinen Augen.
"Nimm als Beispiel: 'sun and moon'.
Selten fremd´ Gedanken taugen,
seine Bahnen darzubringen;
meist den Kern sie fest auslaugen.
Willst Du Deine Kunst besingen,
hör´ auf Deine inn´re Stimme;
der Übergang wird Dir gelingen,
hängst Du Dein Herz vor Korn und Kimme.
Langsam sollst * Dein´n Weg beschreiten,
damit der Welt Dein Tun verschwimme.
Du kannst ab jetzt Dich vorbereiten."
Dann wird herzlich froh gelacht,
bevor Tom's Füße weitergleiten.
