Kapitel XI
Die Bäum´ bewundernd und den Bach,
Tom nun wieder weiterzieht,
* ruht unter immergrünem Dach;
* besieht sich als das Bindeglied
zwischen Geist und der Natur,
die bisher die Erkenntnis mied.
Ein Lebenslied er singt, - B-Dur -,
allen Pflanzen und auch Tieren,
damit sie hör´n `ne Weisheit pur,
nicht immer dumm vor sich hinstieren;
damit auch ihre Geisteskräft´
irgendwann mal eskalieren.
Während er noch ruhig schläft,
kommt laut^ Gemurmel von `ner Zung´.
Tom erwacht und bringt die Säft´
erstmal ordentlich in Schwung;
einen kahlen Kopf er sieht
vor einem kleinen Felsvorsprung.
"`Nen 'Guten Morgen' ich Dir biet´.",
allso spricht `ne Nonn´ zu ihm:
"Gestern ich `ne Wurzel briet,
* hab´ sie hier auf meinem Riem^;
wenn Du sie mit mir nun speisest,
ist das äußerst legitim.
Falls den HErrn Du mit mir preisest,
machst Du mir `ne große Freud´,
denn dadurch Du mir beweisest,
daß es gibt gar höflich´ Leut´."
Nach der Speisung und Gesang
mit Zimbelklang und schön^ Geläut,
kommt ein klein´s Gespräch in Gang.
"Jahre schon in Einsamkeit
- früher war mir davor bang -
hab´n mich nach und nach befreit
- meinem Lehrer sei´s gedankt -
von der Erdenhaftigkeit.
Manchmal habe ich gewankt,
ob´s das Richt´ge ist für mich;
doch jetzt Frieden in mir prankt,
- dies ist mir ganz wesentlich.
* Mach´ mir keine Sorg´ um`s Wohl;
* ist ja nur des Körpers Schlich´,
wenn er ist noch geisteshohl,
das inn´re Schauen zu verblenden.
* Braucht´ im Winter keine Kohl´,
* hackte Eis mit meinen Händen;
* wirst dies alles selbst ja kennen,
d´rum laß ich´s mal dabei bewenden."
"* Seh´ die Spur von Dir gar brennen,
so intensiv hast * sie gelegt;
* will Dir keine Namen nennen,
deren Vorbild * hast gepflegt.
Weißt Du, wann von dieser Stätte
Dir die Stund´ des Abschieds schlägt?
Denn ich fühle, fast ich wette,
²* hast die Aufgab´ gut bestanden,
abzustreifen ` irdisch´ Kette."
"Mit dem Meister mich verbanden
all mein Tun und mein Gehab´;
leider blieben nur Girlanden
an seinem kühlen, nassen Grab.
Mein Gefühl ist in der Schwebe:
Setz´ ich fort den gleichen Trab?
Oder pflück´ * `ne and´re Rebe,
die mir neu´ Erkenntnis bringt?
Natürlich sag´ ich noch: 'ich lebe',
doch mehr Zeit im Geist verbringt
gar mein Bewußtsein als auf Erd^.
Mir die Einheitsschau gelingt:
bin ich ich oder ein Pferd?
* Konnt´ noch keine Antwort finden,
was in Zukunft tun ich werd´."
"Du kannst der Frag´ Dich nicht entwinden,
* mußt besehen Deine Richtung:
ob die Kräft´ an Erd^ Dich binden,
oder scheinen wie `ne Dichtung,
das als Ziel * Dir vorgestellt =.
Zentrierung, so wie eine Lichtung,
den weiter´n Weg Dir dann erhellt;
* mußt jetzt selber dann entscheiden,
ob das Ende Dir gefällt.
Denn es führt zu manchem Leiden,
bist * der Richtung Dir nicht klar;
alleingestellt mußt Du vermeiden,
daß Du Dich hältst an eine Schar,
die blind und taub nur imitiert.
Bring´ der Seel´ das Opfer dar,
- damit sie langsam kulminiert -,
zu prüfen alle möglich^ Wege.
Denn jedem ist es indiziert,
- mancher schrittweis´, mancher rege -
viele Stufen zu erbauen,
- gelegentlich trotz Schicksalsschläge -,
damit * die Seele kannst erschauen
am Ende einer langen Treppe.
Dann erst kannst * mit ihr Dich trauen,
wie die Braut mit langer Schleppe.
Stuf´ um Stufe mußt Du legen.
Wenn ich als Kaufmann Menschen neppe,
werden fort sie sich bewegen;
ist die Stieg´ aus Luft und Rauch,
bringt´s Dir wahrlich keinen Segen,
- * landest auf des Teufels Bauch.
Festgefügt muß alles sein,
zementiert für den Gebrauch,
- das Streben ~ groß, die Wünsche ~ klein -,
bildend eine weite Brücke
in den Menschenseelenhain.
Acht´ d´rauf, daß bleibt keine Lücke,
die den Fuß nur stolpern läßt;
d´rum nimm auch nur die guten Stücke,
zu schaffen Deine Treppe fest.
Eine Sprosse von der Leiter
bereits Du schufst zu Deinem Nest;
such´ `ne Straße, geh´ nur weiter,
die nächste Aufgab´ wartet schon;
sei gelassen, immer heiter,
wenn erwartet Dich auch Fron.
Vertiefung, Forschen, auch die Hingab´,
selbstlos^ Dienen unter`m Hohn,
alles ist ein Zauberstab,
Dein´ Laster gut zu überwinden.
Sogar ein ganz, ganz kleiner Knab´
kann von Übeln sich entbinden.
Doch acht´ den Kurs, den Du einschlägst,
damit die Kräft´ sich dort befinden,
wohin im Geist Du Dich bewegst."
"`Nen ganzen Vortrag Du mir gabst;
man sieht, daß Seelen Du gern hegst;
mit Deiner Red´ das Herz * mir labst,
und vielleicht ein winzig^ Teilchen
meiner dicken Hornhaut schabst.
Ich warte noch ein kleines Weilchen,
bis der nächste Schritt erkannt ~;
gern erforsch´ ich meine Veilchen,
Rosmarin und Frauenmant^;
- vielleicht darin die Aufgab´ liegt,
daß ich werd´ mit Blum^ verwandt.
* Werd´ mal seh´n, was überwiegt
an diesem meinem inner´n Drang:
ob die Reinheit darin siegt,
oder Unsitt´ hört Gesang.
Ich hoff´, ich bleibe ständig wach."
Beide schau´n zum Bergeshang
