Home [Alt] + [h]

Kapitel   XII

Über`m Berg, erneut im Tal,
Tom nun eine Pause hält,
Wasser schöpfend aus `ner Schal´.

Eine Stimm´ am Dorfplatz gellt:
"Kräutermann, so komme schnell,
mein Vater sonst verläßt die Welt!"

Gebettet auf `nem weichen Fell
ein Unfallopfer tödlich ringt.
Der Kräutermann, alsgleich zur Stell´,

das nöt´ge Werkzeug mit sich bringt;
auch Tom hilft mit, den Mann zu heilen;
- die Operation gelingt.

Danach die beiden noch verweilen,
zu überwachen seine Krise,
während Leut´ vorübereilen.

Damit Gesprächsstoff d´zwischenfließe,
an den ander´n Tom sich wendet:
"Du verbreitest göttlich´ Brise,

die den Segen niedersendet;
die das Kranke stark hinwegrafft,
und den Menschen Leben spendet."

"Ich glaub´, Du gibst mir gut´ Gesellschaft,
die ihr eig´nes Urteil hat
und nicht gar alles wieder nachafft.

Mein Leben ist nur noch ein Schatt^,
* bin ein alter Mann geworden;
` Kräuter sammeln, Blatt für Blatt,

wird noch meine Nerven morden.
* Hab´ schon allzuviel erfahren,
* lebt´ auch mal in wilden Horden;

* muß die Lebenskraft nun sparen,
denn meine Zeit ist abgelaufen.
* Mach´ mir nichts aus irdisch^ Waren;

* wollt´ mir Göttlichkeit erkaufen
durch eifrig^ Streben, recht´s Bemüh´n;
nun, Du siehst ja diesen Haufen,

welcher auf der Weltenbühn´
noch immer hofft auf seine Blüte.
Erfahren hab´ ich Schuld und Sühn´;

doch schon jahrelang ich brüte
wie `ne Henn´ am gleichen Ort;
verzweifelt bin ich, fast ich wüte,

ich komm´ von meinem Stand nicht fort.
Früher lernt´ ich allzuleicht,
Inn´re Schau war mir ein Sport;

nun das Wasser ist zu seicht,
um mir neu´ Erkenntnis z´ bringen;
die Wahrheit ständig vor mir weicht.

`S ist lang her, - segelt´ ich auf Schwingen,
die in geist´ge Höh´n mich trugen;
keine Schwächen mich je fingen,

keine Rückschläg´ mich je schlugen.
* Hab´ fast alles ausprobiert,
Wege, die zur Seele lugen:

anfangs hab´ ich exerziert;
auch Askese war nicht fremd;
* hab´ die Säfte extrahiert,

welche manche Tatkraft lähmt;
*= den Buddhismus ganz studiert;
*= alle Sinne mir gezähmt;

*= viele Sprachen konjugiert,
auch die, die nicht die Menschen sprechen;
*= gute Sachen konstruiert,

die dem Fortschritt Bahnen brechen;
* konnte manche Leut´ belehren,
* zeigt´ Verständnis für die Schwächen;

* versucht´ z´ ergründen mein Begehren,
in die Ordnung einzutreten;
* konnte mich ja nie beschweren,

daß mich arge Zweifel bräten;
* lernt´ zu sitzen, meditieren,
Gottesdienst sowie das Beten;

* konnt´ Naturkräft´ observieren;
* wußt´ Begierden gleich zu töten;
* hatt´ Gebiet´ zu inspizieren,

die, bedrängt von argen Nöten,
manchmal * mußte exorzieren;
* spielte Trommeln, Sitars, Flöten;

* hatt´ gar manch^ zu annulieren,
wo ein and´rer Mist gebaut =;
* konnt´ das Wissen konservieren,

wenn im Traum ich es geschaut =;
* hatte Mitleid mit den Wesen,
welche war´n in kranker Haut,

* pflegte sie, bis sie genesen ~;
* versuchte, Wünsche zu erfüllen,
* bekam dafür meist nur die Spesen;

* hörte manchen Löwen brüllen,
der mich anschrie schonungslos;
* verlangte nicht nach schönen Hüllen,

daß ich daständ´ wie `ne Ros´;
* wollte helfen allen Leuten,
dienen ganz bedingungslos;

mit aller Kraft wollt´ ich mich häuten,
- ein Wissen in mir immer war.
Was mag es denn nur jetzt bedeuten,

daß in Höllen ich nun fahr´,
- g´rad´ am Ende meines Lebens
der Erkenntniskraft nun bar?"

"Die Geschichte Deines Strebens
zeigt mir Deinen großen Dienst;
die große Kunst des gut^ Verwebens

früh´rer Leben Erdgespinst
ist Dir alsbald wohl gelungen,
als Du Erfolg zu haben schienst.

Wie man spricht in fremden Zungen,
von urzeitlich^ Erfahrung kündet,
- so hast Du all das besungen,

was von vorher in Dich mündet´.
Wiederholung ist gar leicht
mit altem Wissen drin^ verbündet;

eine neue Aufgab´ eicht
Deine Waage, Dein Vermögen,
- sie zu tun ist wie `ne Beicht´.

Baue an Dein^ gold´nen Bögen,
wenn auch Ungeduld und Leiden
stärker noch an Dir fest zögen.

Gewißheit hast * von Deinen Weiden,
daß am Weg Du richtig bist;
laß die Unruh´ von Dir scheiden,

auch trotz Deiner kurzen Frist,
die Früchte Deiner Tat zu seh´n;
zu großen Wert * der Sach´ beimißt.

Was nützet Dir denn all das Fleh´n,
das Dich nur vom Werk abhält,
vor der Zeit am Ziel zu steh´n?

Niemand das so recht gefällt,
ohn´ Ergebnis nur zu kämpfen;
man fühlt sich oft nur abgestellt

in Räum´, die alle Sinne dämpfen.
Doch ein vorzeitig^ Genuß
führte nur zu Muskelkrämpfen.

Setz´ getrost nur Fuß vor Fuß;
ist der Prüfung End´ gekommen,
dann erhältst Du Deinen Kuß,

auf daß, - das Erdenhaft´ ~ verschwommen -,
Deiner Seele Knospe bricht;
dem Himmelsgeist wirst Du dann frommen,

wartend auf die nächste Schicht,
die, im Hochgefühl der Wahrheit,
Dein inn´res Wesen noch mehr licht´;

zu lösen eine weit´re Starrheit
auf dem langen Weg zum Gral."
"Das klingt nicht wie eine Narrheit."

            weiter

Home [Alt] + [h]