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Kapitel   XIX

"Der Geheimnisse gibtīs vielī,",
spricht die Schwester, als sie dort ~:
"und es ist wohl unser Stil,

daß jede forscht an ihrer Sortī,
die sie will gar wohl ergründen.
Unsīre Mutter wohnt am Ort,

wo die Eisī am Felsen münden,
drüben auf dem Berge hoch,
hinter all den Almengründen.

Ich selber in die Bücher roch,
die von Heiligen berichten;
schauen muß ich noch und noch,

um`s Verständnis so zu lichten,
daß ich klar erfassen kann,
was an Werken sie bedichten."

"Ihr selīges Schaffen preiset man;
durch viele Höllen mußten sī gehīn,
um zu brechen diesen Bann,

unter dem wir alle stehīn.
Doch sie sahīn den Sinn vom Leid,
damit ihr Herz sich weiter dehnī;

* achteten nicht Haß noch Neid,
die sie allzusehr bedrückten,
zu erhalten `s Seelenkleid."

"Deine Wortī sie wohl beglückten.
Für den Sinnesmenschen gar
zählten sie zu den Verrückten.

In unsīrer Welt istīs leider wahr:
ein Leid ganz frei auf sich zu nehmen,
macht fast keiner aus der Schar,

denn die Erdensinne lähmen,
zu erkennen ` wahren Zweck.
Mancher sieht wohl leicht die Schemen,

die durchleuchten ihr Versteck;
* fühlīn sich dafür viel zu kraftlos,
* wühlen weiter in ihrīm Dreck."

"Segen liegt im harten Los
des Erduldens starker Schmerzen,
- wird man dadurch bindungslos,

* kann die Laster allī ausmerzen,
die uns treiben stets zur Erde.
Man leuchtet dann so wie die Kerzen,

wenn mit würdevoll^ Gebärde
man unbefangen Bürden trägt."
"Ihr Denken richtet sich auf`s 'Werde';

* können sehīn, was jedem schlägt,
wenn er weitergeht den Weg,
den er schon `ne Zeitlang hegt.

Es durchtrennt sie wie `ne Sägī,
sehīn sie einen Menschen fallen;
sie hinzuführīn zum wahren Steg,

hört manīs in ihrīn Geisten schallen,
damit die Menschheit insgesamt
sich nicht verfängt in diesen Schnallen,

` von den Lüsten abgestammt ~,
die den Geist am Stoff anketten.
Wärī es so, man wärī verdammt,

zu durchwandern diese Stätten
immerzu und ewiglich.
Um den Mensch davor zu retten,

sich zu binden ständig sich,
erfährt er Leid am eigīnen Leibe."
"Die Heilīgen spürten diesen Stich,

sie sahīn: die Erdī ist nur `ne Bleibe,
die verlassen werden muß,
damit das Menschsein weitertreibe.

Dem Sünder gaben die `nen Kuß,
damit er kommt aus seinem Zwist,
damit auch er geht in den Fluß,

der dem Mensch Bestimmung ist.
* Halfen Leidenden beizeiten,
sich zu lösen aus dem Mist

und `nen Täter zu verleiten,
nicht so schwere Schuld zu laden
im beständig^ Vorwärtsgleiten,

- es wäre unser aller Schaden."
"Liest Du zwischen ihren Zeilen,
in Erkenntnis wirst Du baden;

* kannst in ihrem Geist verweilen
soweit als reichet Dein Vermögen,
raufzuklettern an den Seilen,

welche reichen zu ihrīn Bögen."
"Weltumspannend sind sie wohl,
ansonsten sie nicht so stark zögen,

zu heben, vom Geplapper hohl,
der Menschen irdisches Betrachten."
"Sie gingen, um zu holīn die Kohlī,

die Weisheitshüter gut bewachten;
* entschlüsselten das wahre Sein,
das sie uns als Lehren brachten.

Schwer ist es, man muß verzeihīn,
den Sinngehalt gut zu erfassen;
jedoch berauschender als Wein.

Nimmer kann ich davon lassen,
ihre Werke zu studieren,
aus den verschiedīnen Wissensklassen

die Essenz zu extrahieren.
Ich könntī in tagelangem Lesen,
Denken, Schauen mich verlieren."

"Nun, es liegt in Deinem Wesen,
jetzt die Gottessöhnī zu fragen,
was mal wird und was gewesen ~.

Die Welt kennst Du aus früherīn Tagen,
aber nur aus eigīner Sicht;
deshalb kannst getrost Du wagen,

einen jeglichen Bericht
der weisen Menschen zu durchleuchten,
zu durchschauen Schicht um Schicht,

damit die Wertī sie kurz verscheuchten,
die Dir Deinī Erfahrung lehrte.
Wenn die Menschen eins nur bräuchten,

ein einzig^ Bild und eine Fährte,
würdī der Fortgang rasch verlaufen,
keinem wüchsen lange Bärte.

Aus jeder Quelle mußt Du saufen,
damit ein Bild in Dir entsteht;
jeden Windhauch mußt Du schnaufen,

wo ein Geheimnis zu Dir weht;
dann erst siehst Du eine Wahrheit,
die Dir nimmermehr vergeht.

Verbunden mit der großen Klarheit,
die der Seelenreigen gibt,
durchschaust Du allzeit jede Narrheit,

zu der der Mensch sich gerne schiebt.
Wer schaut die großī Realität,
und mit diesem Herzen liebt,

- der dann auf der Weltbühnī steht,
um die Menschheit heimzuleiten,
als ein himmlisches Gebet;

um die Dürftigen zu speisen,
die da sind in arger Not;
um die Macht allzeit zu preisen,

die da gibt das täglichī Brot.
Erschauī, was Heilige Dir geben;
ein jeder ist ein großer Botī,

zu vereinen alles Leben.
Ihre Worte, ihre Taten,
sind Dir Stützen und auch Streben."

"Wenn die Leute sie mal baten,
daß sie mögen helfen ihnen,
sie das Reine nur vertraten,

die Erlösung und das Dienen.
Ihre Schätze sind mein Ziel,
zu finden in vergrabīnen Minen."

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