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Kapitel   XXIV

Das Mädchen hat den Ort erschaut,
das Mädchen, das jetzt ist `ne Frau.
Sie hat Tom eine Bahr´ gebaut

aus Hölzern, splitterig und rauh;
* hab´n beid´ sich auf den Weg gemacht
an die Luft, die ist da blau.

Verbunden durch manch engen Schacht
kennt `nen alten Stollen sie;
am Ende dann die Sonne lacht

auf Tom's gebroch´ne Arm´ und Knie.
Im Dorf, das nah ist, findet man
die Medizin und Milch vom Vieh,

daß sein Leib sich heilen kann.
Nach `ner Weil´, in stiller Stund´,
nachdem das Leiden von ihm rann,

fragt sie ihn aus holdem Mund:
"Kommst Du mit mir in mein Heim?"
"Dies ist mir `ne frohe Kund´.",

bemüht sich Tom um einen Reim:
"Manch gutes Werk vollbrachte ich;
gesetzt hast Du in mich den Keim.

Allzugern begleit´ ich Dich;
auch trotz mein´m Ziel zu einem Ort,
soweit erinnere ich mich.

Ich gebe Dir mein eig´nes Wort,
daß ich bleib´, solang´s bestimmt ~,
und diene Dir in Deinem Hort."

Als sie seine Red´ vernimmt,
huscht ein Lächeln über d´ Züge,
würzig fein, so wie das Zimt.

"Das Schicksal bildet das Gefüge,
auf deren Fäden wir uns finden;
doch selber füllen wir die Krüge,

aus denen sich die Garne winden.
Laß uns loszieh´n in mein Haus,
* woll´n uns hier nicht länger binden."

Für Tom ist es ein Augenschmaus:
die gold´nen Haare weh´n im Wind,
das Lachen kommt gar sonnig raus,

die Sprache * wohlgestalt´t und lind,
der Blick so klar, die Tat so fest;
sie ist ein anmutsvolles Kind.

Sie bedeut´t ihm mit `ner Gest´,
nachdem sie unterwegs `ne Zeit ~:
"Der Hügel dort, das ist der Rest;

zu meinem Heim ist´s nicht mehr weit.
Glaube mir, ich sag´ es Dir,
* bist von der Wanderschaft befreit,

wenn Du weilst mit mir nun hier.
Ich schenk´ Dir einen Blumenkranz;
er soll Dir gelten als `ne Zier

in diesem unser´m Heimwärtstanz.
Gleich geh´n wir dort zu den Wicken,
denn da ist `ne Aussichtsschanz´,

meine Welt zu überblicken.
Ich will zu meinen Brüdern dort
ein paar Gedanken rüberschicken,

damit sie fangen an sofort,
Deine Ankunft zu bereiten.
Für manche ist dies fast ein Sport."

Baumalleen zur Schanz´ hinleiten.
Tom sieht runter zu ihr´m Hain,
dann sich seine Augen weiten:

Weißgetünchter Ziegelstein,
aufgebaut im rechten Maß;
an Arkaden wilder Wein,

entspringend aus `ner schönen Vas´;
Pagoden in der Höhe fein,
ummantelt mit `nem farb´gen Glas;

ab und zu ein heller Schein,
wenn sich bricht am Haus das Licht;
die Fenster, sie sind alle rein,

und darin ~ `ne leuchtend´ Schicht;
ein großes Tor, man muß verzeih´n,
ist aus Holz nur, einfach, schlicht;

stützend´ Pfeiler, wie Gebein,
geschmückt mit Blumen viel: Girlanden;
dieses Heim im edlen Sein

schlägt wohl jedes Herz in Banden.
Tom jetzt lächelnd zu ihr nickt:
"Alle meine Ziel´ verschwanden,

als ich diese Stätt´ erblickt´,
vor langer Zeit ein weiser Mann
hat vom Ort erzählt geschickt;

Einzelheiten er ersann,
die hier auch ~, - ich bin gewiß,
daß dieser Platz nur 'Igen' sein kann."

Lachend zeigt sie ihr Gebiß:
"Nie gefragt hast *, wo ich wohn´;
freue Dich und dann bemiß,

daß Du erhältst gerechten Lohn.
Mein´ Sinne stetig zu Dir fliegen,
* bist mir Vater, bist mir Sohn;

immer weilt´ ich schon in Igen,
* fühlt´ mit Dir Verbundenheit;
* konnt´ mich dann erst mit Dir wiegen,

als Du warst dazu bereit.
Laß uns nun nach Hause gehen,
denn es ist schon höchste Zeit."

Zu ihr´m Empfang manch Leute stehen,
* begrüßen sie mit weitem Arm;
auch welche, die im Felde mähen,

jubeln wie ein lauter Schwarm.
Speis´ und Trank sind aufgestellt;
das Treffen ist hier wirklich warm.

"Dein Kommen uns hier sehr gefällt,",
spricht ein Herr zu Tom gewandt:
"* hast Dich bald zu uns gesellt,

wenn Dir alles hier bekannt ~.
Manch´ Gedanken, früher schon,
haben wir zu Dir gesandt.

Wenn Du bleibst, dann gibt´s kein´n Fron,
obwohl die Arbeit Schlange steht;
blüh´ erst auf, so wie der Mohn,

der Farben bringt, wo Graues weht.
Speisen wir die Äpfel hier,
trinken dazu guten Met;

nachher alles zeig´ ich Dir,
was es da gar vieles gibt,
von der Musik bis hin zum Stier."

Nach dem Mahl man Tom nun schiebt
durch mannigfaltig´ Räumlichkeiten;
die vielen Wunder er gleich liebt,

die er sieht im Weiterschreiten.
Sein Gedächtnis nimmt es auf,
auch die schönen Kleinigkeiten;

er kennt sich aus in dem Verlauf,
auf daß er alles wiederfind´t.
Es kommt ihm vor wie eine Tauf´.

Sein Führer nun das Wort gewinnt:
"Zutritt hast Du überall,
solang´ Du richtig bist gesinnt.

Bei vielen ist das nicht der Fall,
die hier einkehr´n, kurz und lang;
verschlossen ist ihn´n manche Hall´.

Meist nur hör´n sie den Gesang,
der überall durch Gänge schwebt;
doch sie sind nicht in dem Rang,

daß sie alle Sach^ erlebt^."
Er öffnet eine Tür ganz nah,
und Tom's reines Herz erbebt.

Die Frau, die sein Begleiter war,
steht im Raum als seine Braut;
die Antwort zu ihr ist ein "JA".

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