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Till Eulenspiegel - Historie 07 bis 12
(Hermann Bote)




Die 7. Historie sagt, wie Eulenspiegel das Weck- oder Semmelbrot mit anderen Jungen im Übermaß essen mußte und noch dazu geschlagen wurde.

In dem Flecken, worin Eulenspiegel mit seiner Mutter wohnte, herrschte eine Sitte: wenn ein Hauswirt ein Schwein geschlachtet hatte, gingen die Nachbarskinder in das Haus und aßen dort eine Suppe oder einen Brei. Das nannte man das Weckbrot.

Nun wohnte in demselben Flecken ein Gutspächter, der war geizig mit dem Essen und durfte doch den Kindern das Weckbrot nicht versagen. Da erdachte er eine List, mit der er ihnen das Weckbrot verleiden wollte. Er schnitt in eine große Milchschüssel harte Brotrinden. Als die Kinder kamen, Knaben und Mädchen - darunter auch Eulenspiegel -, ließ er sie ein, schloß die Tür zu und begoß das Brot mit Suppe. Der Brotbrocken waren aber viel mehr, als die Kinder essen konnten. Wenn nun eins satt war und davongehen wollte, kam der Hauswirt und schlug es mit einer Rute um die Lenden, so daß ein jedes im Übermaß essen mußte. Und der Hauswirt wußte wohl von Eulenspiegels Streichen, so daß er auf ihn besonders achtgab. Wenn er einen anderen um die Lenden hieb, so traf er Eulenspiegel noch besser. Das trieb er so lange, bis die Kinder alle Brocken des Weckbrotes aufgegessen hatten. Das bekam ihnen ebenso gut wie dem Hund das Gras.

Danach wollte kein Kind mehr in des geizigen Mannes Haus gehen, um Weckbrot oder Metzelsuppe zu essen.


Die 8. Historie sagt, wie Eulenspiegel es machte, daß sich die Hühner des geizigen Bauern um die Lockspeise zerrten.

Als der Hauswirt am nächsten Tage ausging, begegnete er Eulenspiegel und fragte: "Lieber Eulenspiegel, wann willst du wieder zum Weckbrot zu mir kommen?" Eulenspiegel sagte: "Wenn sich deine Hühner um den Köder reißen, je vier um einen Bissen Brot." Da sprach der Mann: "Dann willst du also lange nicht zu meinem Weckbrot kommen?" Eulenspiegel entgegnete: "Wenn ich aber doch eher käme, als die nächste Zeit für fette Metzelsuppe ist?" Und damit ging er seines Weges.

Eulenspiegel wartete, bis es Zeit war, daß des Mannes Hühner auf der Gasse Futter suchten. Dann knüpfte er zwanzig Fäden oder mehr jeweils zwei und zwei in der Mitte zusammen und band an jedes Ende eines Fadens einen Bissen Brot. Er nahm die Fäden und legte sie verdeckt hin, die Brotstücke aber waren zu sehen. Die Hühner pickten und schluckten nun hier und dort die Brotbissen mit den Fadenenden in ihre Hälse. Aber sie konnten die Bissen nicht herunterschlucken, denn am anderen Ende des Fadens zog ein anderes Huhn, so daß je eins das andere zog. Kein Huhn konnte das Brot ganz hinunterschlucken oder es wieder aus dem Hals herausbekommen, da die Brotstücke zu groß waren. So standen mehr als zweihundert Hühner einander gegenüber und würgten und zerrten an der Lockspeise.


Die 9. Historie sagt, wie Eulenspiegel in einen Bienenkorb kroch, zwei Diebe in der Nacht kamen und den Korb stehlen wollten und wie er es machte, daß die beiden sich rauften und den Bienenkorb fallen ließen.

Einmal begab es sich, daß Eulenspiegel mit seiner Mutter in ein Dorf zur Kirchweih ging. Und Eulenspiegel trank, bis er betrunken wurde. Da suchte er einen Ort, wo er friedlich schlafen könne und ihm niemand etwas täte. Hinten in einem Hof fand er einen Haufen Bienenkörbe, und dabei lagen viele Immenstöcke, die leer waren. Er kroch in einen leeren Korb, der am nächsten bei den Bienen lag, und gedachte, ein wenig zu schlafen. Und er schlief von Mittag bis gegen Mitternacht. Seine Mutter meinte, er sei wieder nach Hause gegangen, da sie ihn nirgends sehen konnte.

In derselben Nacht kamen zwei Diebe und wollten einen Bienenkorb stehlen. Und einer sprach zum anderen: "Ich habe immer gehört, der schwerste Immenkorb ist auch der beste." Also hoben sie die Körbe und Stöcke einen nach dem anderen auf, und als sie zu dem Korb kamen, in dem Eulenspiegel lag, war das der schwerste. Da sagten sie: "Das ist der beste Immenstock", nahmen ihn auf die Schultern und trugen ihn von dannen.

Indessen erwachte Eulenspiegel und hörte ihre Pläne. Es war ganz finster, so daß einer den anderen kaum sehen konnte. Da griff Eulenspiegel aus dem Korb dem Vorderen ins Haar und riß ihn kräftig daran. Der wurde zornig auf den Hinteren und meinte, dieser hätte ihn am Haar gezogen, und er begann, ihn zu beschimpfen. Der Hintermann aber sprach: "Träumst du, oder gehst du im Schlaf? Wie sollte ich dich an den Haaren rupfen? Ich kann doch kaum den Immenstock mit meinen Händen halten!" Eulenspiegel lachte und dachte: das Spiel will gut werden! Er wartete, bis sie eine weitere Ackerlänge gegangen waren. Dann riß er den Hinteren auch kräftig am Haar, so daß dieser sein Gesicht schmerzlich verziehen mußte. Der Hintermann wurde noch zorniger und sprach: "Ich gehe und trage, daß mir der Hals kracht, und du sagst, ich ziehe dich beim Haar! Du ziehst mich beim Haar, daß mir die Schwarte kracht!" Der Vordere sprach: "Du lügst dir selbst den Hals voll! Wie sollte ich dich beim Haar ziehen, ich kann doch kaum den Weg vor mir sehen! Auch weiß ich genau, daß du mich beim Haar gezogen hast!"

So gingen sie zankend mit dem Bienenkorb weiter und stritten miteinander. Nicht lange danach, als sie noch im größten Zanken waren, zog Eulenspiegel den Vorderen noch einmal am Haar, so daß sein Kopf gegen den Bienenkorb schlug. Da wurde der Mann so zornig, daß er den Immenstock fallen ließ und blindlings mit den Fäusten nach dem Kopf des Hintermannes schlug. Dieser ließ den Bienenkorb auch los und fiel dem Vorderen in die Haare. Sie taumelten übereinander, entfernten sich voneinander, und der eine wußte nicht, wo der andere blieb. Sie verloren sich zuletzt in der Finsternis und ließen den Immenstock liegen.

Nun lugte Eulenspiegel aus dem Korbe, und als er sah, daß es noch finster war, schlüpfte er wieder hinein und blieb darin liegen, bis es heller Tag war. Dann kroch er aus dem Bienenkorb und wußte nicht, wo er war. Er folgte einem Weg nach, kam zu einer Burg und verdingte sich dort als Hofjunge.


Die 10. Historie sagt, wie Eulenspiegel ein Hofjunge wurde und ihn sein Junker lehrte, wo er das Kraut "Henep" fände, solle er hineinscheißen; da schiß er in den Senf ("Senep") und meinte, "Henep" und "Senep" sei ein Ding.

Bald danach kam Eulenspiegel auf eine Burg zu einem Junker und gab sich als Hofjunge aus. Er mußte gleich mit seinem Junker über Land reiten. Am Weg stand Hanf; den nennt man im Lande Sachsen, aus dem Eulenspiegel stammte, "Henep". Der Junker sprach zu Eulenspiegel, der die Lanze seines Herrn trug: "Siehst du das Kraut, das da steht? Es heißt Henep." Eulenspiegel sagte: "Ja, das sehe ich wohl." Da sprach sein Junker: "Sooft du daran vorbeikommst, so scheiße darein einen großen Haufen! Denn mit dem Kraut bindet und henkt man die Räuber und die, die sich ohne Herrendienst aus dem Sattel ernähren. Das geschieht mit dem Bast, der aus dem Kraut gesponnen wird." Eulenspiegel sagte: "Ja gern, das werde ich tun."

Der Junker (oder Hofmann) ritt mit Eulenspiegel hin und her in viele Städte und half rauben, stehlen und nehmen, wie es seine Gewohnheit war.

Eines Tages begab es sich, daß sie zu Hause waren und still lagen. Als es Imbißzeit wurde, ging Eulenspiegel in die Küche. Da sprach der Koch zu ihm: "Junge, geh in den Keller, da steht ein irdener Hafen oder Topf, darin ist Senep (so auf sächsisch genannt), den bring mir her!" Eulenspiegel sagte ja und hatte doch seinen Lebtag noch keinen Senep oder Senf gesehen. Und als er in dem Keller den Topf mit Senf fand, dachte er: was mag der Koch damit tun wollen? Ich meine, er will mich damit binden. Und er dachte weiter: mein Junker hat mich geheißen, wo ich solches Kraut fände, sollte ich hineinscheißen. Und er hockte sich über den Topf mit Senf, schiß ihn voll, rührte um und brachte ihn so dem Koch.

Was geschah? Der Koch machte sich keine weiteren Gedanken, richtete eilends in einem Schüsselchen den Senf an und schickte ihn zu Tische. Der Junker und seine Gäste tunkten in den Senf: der schmeckte ganz übel. Der Koch wurde geholt und gefragt, was er für Senf gemacht habe. Und der Koch kostete auch den Senf, spie aus und sprach: "Der Senf schmeckt, als wär darein geschissen worden." Da fing Eulenspiegel an zu lachen. Sein Junker sprach: "Was lachst du so spöttisch? Meinst du, wir können nicht schmecken, was das ist? Willst du es nicht glauben, so komm und schmeck hier den Senf auch!" Eulenspiegel sagte: "Ich esse das nicht. Wißt Ihr nicht, was Ihr mich geheißen habt am Feld auf der Straße? Wo ich das Kraut sähe, so sollte ich darein scheißen, denn man pflege die Räuber damit zu henken und zu erwürgen. Als mich der Koch in den Keller nach dem Senep schickte, habe ich darein getan nach Eurem Geheiß." Da sprach der Junker: "Du verwünschter Schalk, das soll dein Unglück sein! Das Kraut, das ich dir zeigte, das heißt Henep oder Hanf. Was dich der Koch bringen ließ, das heißt Senep oder Senf. Du hast das aus Bosheit getan!" Und er nahm einen Knüppel und wollte ihn damit schlagen. Aber Eulenspiegel war behend, entlief ihm von der Burg und kam nicht wieder.


Die 11. Historie sagt, wie Eulenspiegel sich in Hildesheim bei einem Kaufmann als Koch und Stubenheizer verdingte und sich dort sehr schalkhaftig benahm.

Rechts in der Straße, die in Hildesheim vom Heumarkt führt, wohnte ein reicher Kaufmann. Der ging einmal vor dem Tor spazieren und wollte in seinen Garten gehen. Unterwegs fand er Eulenspiegel auf einem grünen Acker liegen, grüßte und fragte ihn, was er für ein Handwerksgeselle sei und welche Geschäfte er triebe. Eulenspiegel antwortete ihm klüglich und mit heimlichem Spott, er sei ein Küchenjunge und habe keinen Dienst. Da sprach der Kaufmann zu ihm: "Wenn du tüchtig sein willst, nehme ich dich selber auf und gebe dir neue Kleider und einen guten Sold. Denn ich habe eine Frau, die zankt alle Tage wegen des Kochens; deren Dank meine ich wohl zu verdienen." Eulenspiegel gelobte ihm große Treue und Redlichkeit.

Darauf nahm ihn der Kaufmann in seinen Dienst und fragte ihn, wie er hieße. "Herr, ich heiße Bartholomäus." Der Kaufmann sprach: "Das ist ein langer Name, man kann ihn nicht gut aussprechen. Du sollst Doll heißen." Eulenspiegel sagte: "Ja, lieber Junker, es ist mir gleich, wie ich heiße." "Wohlan", sprach der Kaufmann, "du bist mir ein rechter Knecht. Komm her, komm her, geh mit mir in meinen Garten. Wir wollen Kräuter mit uns heimtragen und junge Hühner damit füllen. Denn ich habe für den nächsten Sonntag Gäste eingeladen, denen wollte ich gern etwas Gutes antun." Eulenspiegel ging mit ihm in den Garten und schnitt Rosmarin. Damit wollte er etliche Hühner auf welsche Art füllen, die restlichen Hühner mit Zwiebeln, Eiern und anderen Kräutern. Dann gingen sie miteinander nach Hause.

Als die Frau den seltsam gekleideten Gast sah, fragte sie ihren Mann, was das für ein Gesell sei, was er mit ihm tun wolle und ob er Sorge habe, das Brot im Hause werde schimmlig. Der Kaufmann sagte: "Frau, sei zufrieden. Er soll dein eigner Knecht sein; denn er ist ein Koch." Die Frau sprach: "Ja, lieber Mann, wenn er gute Dinge kochen könnte!" "Sei zufrieden", sprach der Mann, "morgen sollst du sehen, was er kann." Dann rief er Eulenspiegel: "Doll!" Der antwortete: "Junker!" "Nimm einen Sack und geh mit zu den Fleischbänken. Wir wollen Fleisch und einen Braten holen." Also folgte er ihm nach. Da kaufte sein Junker Fleisch und einen Braten und sprach zu ihm: "Doll, setze den Braten morgens bald auf und laß ihn kühl und langsam braten, damit er nicht anbrennt. Das andere Fleisch setz auch beizeiten dazu, damit es zum Imbiß gesotten ist." Eulenspiegel sagte ja, stand früh auf und setzte die Speise aufs Feuer. Den Braten aber steckte er an einen Spieß und legte ihn zwischen zwei Fässer Einbecker Biers in den Keller, damit er kühl liege und nicht anbrenne.

Da der Kaufmann den Stadtschreiber und andere gute Freunde zu Gast geladen hatte, kam er und wollte nachsehen, ob die Gäste schon gekommen und ob die Kost auch bereit sei. Und er fragte seinen neuen Knecht danach. Der antwortete: "Es ist alles bereit außer dem Braten". "Wo ist der Braten"? sprach der Kaufmann. "Er liegt im Keller zwischen zwei Fässern. Ich wußte im ganzen Haus keinen kälteren Ort, um ihn kühl zu legen, wie Ihr sagtet." "Ist er denn fertig gebraten?" fragte der Kaufmann. "Nein", sprach Eulenspiegel, "ich wußte nicht, wann Ihr ihn haben wolltet."

Inzwischen kamen die Gäste; denen erzählte der Kaufmann von seinem neuen Knecht und wie er den Braten in den Keller gelegt habe. Darüber lachten sie und hielten es für einen guten Scherz. Aber die Frau war um der Gäste willen nicht damit zufrieden und sagte dem Kaufmann, er solle den Knecht gehen lassen. Sie wolle ihn im Hause nicht länger leiden, sie sähe, daß er ein Schalk sei. Der Kaufmann sprach: "Liebe Frau, gib dich zufrieden! Ich brauche ihn für eine Reise nach der Stadt Goslar. Wenn ich wiederkomme, will ich ihn entlassen." Kaum konnte er die Frau dazu überreden, sich damit abzufinden.

Als sie des Abends aßen und tranken und guter Dinge waren, sprach der Kaufmann: "Doll, richte den Wagen her und schmiere ihn! Wir wollen morgen nach Goslar fahren. Ein Pfaffe, Herr Heinrich Hamenstede, ist dort zu Hause und will mitfahren." Eulenspiegel sagte ja und fragte, was für eine Schmiere er nehmen solle. Der Kaufmann warf ihm einen Schilling zu und sprach: "Geh und kauf Wagenschmiere, und laß die Frau altes Fett dazutun!" Eulenspiegel tat also; und als alle schliefen, beschmierte er den Wagen innen und außen und am allermeisten da, wo man zu sitzen pflegt.

Des Morgens früh stand der Kaufmann mit dem Pfaffen auf und hieß Eulenspiegel, die Pferde anzuspannen. Das tat er. Sie saßen auf und fuhren ab. Da hob der Pfaffe an und sagte: "Was, beim Galgen, ist hier so fettig? Ich will mich festhalten, daß der Wagen mich nicht so rüttelt, und beschmiere mir die Hände überall." Sie hießen Eulenspiegel anzuhalten und sagten zu ihm, sie seien beide hinten und vorne beschmiert, und wurden zornig über ihn. Währenddem kam ein Bauer mit einem Fuder Stroh vorbei, der zum Markt fahren wollte. Dem kauften sie einige Bündel ab, wischten den Wagen aus und saßen wieder auf. Da sagte der Kaufmann zornerfüllt zu Eulenspiegel: "Du gottverlassener Schalk, daß dir nimmer Glück geschehe! Fahr fort an den lichten Galgen!" Das tat Eulenspiegel. Als er unter den Galgen kam, hielt er an und spannte die Pferde aus. Da sprach der Kaufmann zu ihm: "Was willst du machen, oder was meinst du damit, du Schalk?" Eulenspiegel sagte: "Ihr hießet mich, unter den Galgen zu fahren. Da sind wir. Ich meinte, wir wollten hier rasten." Der Kaufmann sah aus dem Wagen: sie hielten unter dem Galgen. Was sollten sie tun? Sie lachten über die Narretei, und der Kaufmann sagte: "Spann wieder an, du Schalk, fahr geradeaus und sieh dich nicht um!"

Nun zog Eulenspiegel den Nagel aus dem Landwagen, und als er eine Ackerlänge gefahren war, ging der Wagen auseinander. Das Hintergestell mit dem Verdeck blieb stehen, und Eulenspiegel fuhr allein weiter. Sie riefen ihm nach und liefen, daß ihnen die Zunge aus dem Halse hing, bis sie ihn einholten. Der Kaufmann wollte ihn totschlagen, und der Pfaffe half ihm, so gut er konnte.


Die 12. Historie sagt, wie Eulenspiegel dem Kaufmann in Hildesheim das Haus räumte.

Als sie die Reise vollbracht hatten und wieder nach Hause kamen, fragte die Frau den Kaufmann, wie es ihnen ergangen sei. "Seltsam genug", sagte er, "doch kamen wir wieder zurück." Dann rief er Eulenspiegel und sagte: "Kumpan, diese Nacht bleib noch hier, iß und trink dich voll, aber morgen räume mir das Haus! Ich will dich nicht länger haben. Du bist ein betrügerischer Schalk, wo du auch herkommst." Eulenspiegel sprach: "Lieber Gott, ich tue alles, was man mich heißet; und doch kann ich keinen Dank verdienen. Aber gefallen Euch meine Dienste nicht, so will ich morgen nach Euern Worten das Haus räumen und wandern." "Ja, das tue nur", sprach der Kaufmann.

Am andern Tag stand der Kaufmann auf und sagte zu Eulenspiegel: "Iß und trink dich satt und dann trolle dich! Ich will in die Kirche gehen. Laß dich nicht wieder sehen!" Eulenspiegel schwieg. Sobald der Kaufmann aus dem Haus war, begann er zu räumen. Stühle, Tische, Bänke und was er tragen und schleppen konnte, brachte er auf die Gasse, auch Kupfer, Zinn und Wachs. Die Nachbarn wunderten sich, was daraus werden sollte, daß man alles Gut auf die Gasse brachte.

Davon erfuhr der Kaufmann. Er kam schnell herbei und sprach zu Eulenspiegel: "Du braver Knecht, was tust du hier? Find ich dich noch hier?" "Ja, Junker, ich wollte erst Euren Willen erfüllen, denn Ihr hießet mich, das Haus zu räumen und danach zu wandern." Und er sprach weiter: "Greift mit zu, die Tonne ist mir zu schwer, ich kann sie allein nicht bewältigen." "Laß sie liegen", sagte der Kaufmann, "und gehe zum Teufel! Das alles hat zuviel gekostet, als daß man es in den Dreck werfen könnte." "Lieber Herrgott", sprach Eulenspiegel, "ist das nicht ein großes Wunder? Ich tue alles, was man mich heißet, und kann doch keinen Dank verdienen. Es ist wahr: ich bin in einer unglücklichen Stunde geboren." Damit ging Eulenspiegel von dannen und ließ den Kaufmann wieder hineinschleifen, was er ausgeräumt hatte, so daß die Nachbarn noch lange lachten.

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