Es war einmal ein kleiner Bär, ganz lieb und freundlich und gar nicht brummig; er war ganz anders als Bären normalerweise sind, und ganz so jung war er auch nicht mehr, er war eben ein wenig kurzgeraten. Er lebte in einem alten, morschen Baum ganz in der Nähe von einem Dorf; sehr oft half er den Menschen, die dort lebten, und bekam dafür Leckerbissen wie Honigkuchen oder Schokolade. Vor allem wenn eine starke Hand vonnöten war wurde er gerufen, und das war ziemlich oft der Fall, denn stark war er. Kein Wunder, daß er von den Dorfbewohnern liebevoll "Bärchen" genannt wurde und gern gesehen ward.
Eines Tages, als er ein Mittagsschläfchen unter einem schattigen Busch hielt, krachte es plötzlich über ihm, und ein Bündel Stoff fiel ihm direkt auf den Bauch. Nachdem er sich vom Schrecken erholt hatte untersuchte er seinen "Fund" und entdeckte in vielen Lumpen ein Kind eingewickelt. Es sah aus wie ein Menschenmädchen, allerdings von den Worten, die es zu ihm sprach, verstand er überhaupt nichts. Zumindest füttern konnte er es, denn Milch verschmähte es nicht.
Nachdem er im Dorf herumgefragt hatte und keiner weiterwußte machte sich Bärchen am nächsten Tag auf den Weg zu einer Elfe, die im Wald lebte, denn sie konnte mit allen Tieren sprechen, warum nicht auch mit einem kleinen Mädchen? Sie hatten sogar Glück, denn die Elfe konnte auch die Mondsprache; von dort kam nämlich das Findelkind.
Wie es auf die Erde gekommen war, wußte es allerdings nicht, denn es hatte geschlafen und war erst durch einen ordentlichen Plumps aufgewacht, als es auf dem Busch und dann auf Bärchen landete. Zum Glück war es klug und lernte die Menschensprache schnell, und überhaupt lachte es fast den ganzen Tag lang. Es wurde "Moonie" gerufen, da der eigentliche Mondname für menschliche Zungen unaussprechlich war.
So lebte das Mädchen bei Bärchen, der sich mit Freude um es kümmerte. Doch einen Wunsch hatte Moonie, den er leider nicht erfüllen konnte: wo sollte er eine Spielgefährtin finden? Daß noch jemand vom Himmel fiel war zu unwahrscheinlich, und die Menschenkinder lebten lieber bei ihren eigenen Eltern. Also machten sie sich schließlich wieder auf den Weg zur Elfe um Rat zu holen.
Die Elfe wußte von einem Ort, an dem man zu anderen Sternen reisen konnte. Die Sache war nur die, daß man sich nicht aussuchen konnte, auf welchem man landete, aber das wollten sie riskieren. Auf dem Hinweg, der drei Tage dauerte, sammelte die Elfe Kräuter, die sie brauchen würden; die zur Reise benötigten Kristalle hatte sie von ihren Vorfahren.
Eigentlich war es überhaupt kein großer Aufwand, und sie waren auf einem fremden Stern. Die Sonne schien tief orange, und die Pflanzen waren zum Großteil purpur mit großen und kleinen ausgefransten Blättern und winzigen silberweißen bis hellblauen Blüten.
Ein wie ein Mensch aussehendes Wesen in einem goldenen Anzug kam des Wegs und sprach sie in einer melodiösen, jedoch unverständlichen Sprache an. Die Elfe probierte es mit den ihr bekannten galaktischen Universalsprachen, und bei der dritten konnten sie sich verständigen.
Sie hatten Glück gehabt, daß sie auf einen geistig sehr fortschrittlichen Planeten gekommen waren. Die Bevölkerung war sehr künstlerisch veranlagt, und so mußte man sich auch ihre Dörfer vorstellen: ein Gebäude schöner als das andere mit vielen kleinen Details, Farben und Glitzereffekten, und dabei doch in Einheit mit der umgebenden Natur. Es gab auch eine Unmenge von kleinen Vögeln, die fröhlich zirpend im ganzen Land herumschwirrten, und große bunte Schmetterlinge, und überhaupt: es war ein herrliches Land.
Man überlegte, wie man Moonie, Bärchen und der Elfe helfen könnte, und ein kleines Mädchen mit einem großen Herz meldete sich. Sie wollte immer schon fremde Welten besuchen, um auf ihnen vielleicht helfend zu wirken oder Freude zu bringen. Zudem hatte sie kürzlich beide Eltern bei einem tragischen Unfall verloren und hoffte, über den Verlust in einer anderen Umgebung, wo nicht alles an sie erinnerte, und durch neue Herausforderungen hinwegzukommen.
Da auch die Sprache hier sehr schwer auszusprechen war einigte man sich auf den Namen "Bella", weil das Mädchen so wunderschön war. Und innerhalb kurzer Zeit wurden Bella und Moonie zu dicken Freundinnen.
Nach einer Woche wurde es Zeit, zur Erde zurückzukehren. Mit vielen guten Wünschen und ein paar Geschenken machten sie sich nun zu viert auf die Reise. Anschließend blieben sie noch eine Zeit lang bei der Elfe, denn Bella hatte viel zu lernen, um sich in dieser Welt zurechtzufinden.
Mit ihrem offenen Herz gewann sie bald die meisten Menschen für sich, auch wenn es immer und überall notorische Griesgrams gab, die alles ablehnten, was nicht ihren eigenen Ansichten entsprach. Und mit ihrer Kunstbegabung trat sie auch immer selber im Zirkus auf, sobald er wieder mal im Dorf war.
Bald kamen auch aus anderen Dörfern Leute, um sie zu einer Vorstellung zu überreden, sei es nun Gesang, Akrobatik oder Zauberei. Gern machte Bella ihnen diese Freude, weil es ihr auch selber Spaß machte. So wurde sie mit der Zeit über die Landesgrenzen hinaus bekannt.
Moonie riskierte inzwischen schon mal ein Auge auf Jungs, und Bärchen ging's gut wie eh und jeh; also zog Bella des öfteren auch selber durch die Lande um die Menschen mit ihren Künsten zu beglücken und ihnen das Licht wiederzubringen. Natürlich war sie weiterhin mit Moonie eng befreundet, und es gesellten sich ständig neue Freundschaften dazu. Bärchen achtete immer darauf, daß kein "schwarzes Schaf" darunter war, schließlich sind ihm die beiden Mädchen seine Kinder geworden.
Und was geschah weiter?
Nun ja, die Sehnsucht nach den Sternen ließ Bella nie los; darum besucht sie öfters mal die Elfe, um einen Ausflug in fremde Welten zu unternehmen. Ansonsten erlangte sie bald einen Spitzenplatz auf der Erdenbühne.
Vielleicht, wenn Du selber ein offenes Herz hast, begegnet sie Dir einmal?